Fotos: S. Heinze

Bedeutung für die Kirche

Landesbischof Ralf Meister: "Partnerschaft ist wesensbestimmend."

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Unterstützung ist möglich: Ein Bekenntnis zu landeskirchlichen Partnerschaften von Landesbischof Ralf Meister unter dem Eindruck seines Besuchs bei den Partnern im Libanon, der National Evangelical Synod in Syria and Lebanon (NESSL) und der Compassion Protestant Societa (CPS).

Mehr über den Besuch des Landesbischofs im Libanon erfahren >

 

Partnerschaft: Verständnis – Theologie – Geschichte – Relevanz

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Die Kirche, die sich lokal als Kirche vor Ort realisiert, braucht die weltweite Perspektive. Im Glauben an den Gott der Bibel gehören die globale und die lokale Dimension von Kirche zusammen. Die Gemeinde am Ort und die Gemeinde in der Welt ergänzen und bedingen einander. Dabei ist Partnerschaft so alt wie die Bibel selbst. Schon der Apostel Paulus pflegte ein breites Netzwerk von Gemeinden, die untereinander in Beziehungen standen, sich besuchten, füreinander beteten, umeinander wussten und sich gegenseitig in vielerlei Weise halfen. Partnerschaft ist eine Bewegung und kein statisches Konzept. Sie lebt davon, dass Menschen und Kirchengemeinden sich auf den Weg machen, Gott zu bezeugen und für eine gerechtere Welt einzutreten.

In unseren Partnerländern gibt es dafür unterschiedliche Begriffe: In Brasilien spricht man von „Convivencia em parceria“, also „Zusammenleben in Partnerschaft“. Die Zulus im südlichen Afrika sprechen von „Ubudlelwale“, was „Gemeinschaft“ oder eigentlich „gemeinsam essen“ heißt. Bei den Oromo wird das Wort für Partnerschaft „Nyaatii“ mit „gemeinsam unterwegs sein und essen“ beschrieben und in Tansania gibt es eine Fülle verschiedenster Begriffe, wie „Ushirikiano“ (Austausch) oder „Urafiki“ (Freundschaft), die gebraucht werden, um die Vielfalt partnerschaftlicher Beziehungen zu beschreiben.

Wenn man sich mit Partnerschaften beschäftigt, stolpert man früher oder später über den Begriff „Augenhöhe“. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe wird angestrebt und beschworen. Doch wie realistisch ist das vor dem Hintergrund der Globalisierung und angesichts wirtschaftlicher und sozialer Unterschiede? „Wir dürfen die Tatsache nicht verleugnen, dass wir Produkte unserer Erziehung sind und dass wir Teil der Gesellschaft sind, die von diesen Verzerrungen betroffen ist. Wir müssen akzeptieren, dass es in Bezug auf die Gemeinschaften, in denen wir leben, echte Asymmetrien gibt, in denen wir leben und arbeiten. Wir sollten die Realitäten des globalen wirtschaftlichen und sozialen Status unserer verschiedenen Gesellschaften nicht leugnen. Egal wie sehr wir sie nicht mögen, wir sind Teil von ihnen.“ (Fidon Mwombeki, „Asymmetrien von Geld und Interessen“ in Paradigmenwechsel Partnerschaft? – Theologische Impulse der Missionsakademie)

Somit gilt es, mit diesem Bewusstsein Partnerschaften als Lerngemeinschaften zu leben und zu gestalten.

Ein gemeinsames Thema können hierbei die Sustainable Development Goals – Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG) – sein. Mit der Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft 17 Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt. Diese Ziele gelten demnach genauso für Deutschland, wie für alle anderen Länder der Vereinten Nationen. Die thematische Auseinandersetzung mit den SDGs kann für Partnerschaften bereichernd sein und den Horizont öffnen. Weg vom Geben und Nehmen, hin zu gemeinsamen Zielen, die wir in Gemeinschaft anstreben.

Verena Berndt
Referentin Internationale Partnerschaften ELM

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Mit der Partnerschaft zu Kirchengemeinden in der Welt ist es nicht so wie beim Zähneputzen. Das Ritual des Zähneputzens gehört für die meisten Menschen zur täglichen Routine. Der Grund hierfür ist offensichtlich und wird nicht hinterfragt.

Warum aber bedarf die Partnerschaftsarbeit einer theologischen Begründung, wenn doch Gottes Wirken in dieser Welt von Beginn an, und vor allem sein Wirken mit den Menschen und am Menschen, nicht anders als partnerschaftlich und dialogisch zu verstehen ist? Gottes Wesen als partnerschaftlich zu verstehen durchzieht Gottes Selbstoffenbarung vom ersten bis zum letzten Buch der Bibel. Es anders zu verstehen, widerspräche dieser Selbstoffenbarung Gottes zum Volk Israel und zur christlichen Kirche hin.

Gott zeigt sich als der „mit dir Seiende“. Dieses gilt als Zusage für Abraham, als er sein Land verlassen muss. Es gilt für Mose und das Volk Israel, als sie 40 Jahr durch die Fremde irrten, um endlich in dem von Gott verheißenen Land anzukommen. Es gilt in der Gefangenschaft wie in der erneuten Befreiung. Gott bleibt in der Begegnung und dem Dialog mit seinem Volk und bekräftigt dies in dem Gedanken des Bundes, den er an verschiedenen Stellen mit Israel und den Menschen schließt (Genesis, Kaptiel 6; 9; 17; Exodus, Kapitel 24.)

Dieses Da-Seiende Gottes und der Gedanke des Bundes findet in Jesus seine Fortsetzung für alle Menschen und wird vom Auferstandenen bekräftigt (Lukas, Kapitel 22,Verse 19f; Matthäus-Evangelium, Kapitel 28, Vers 20).

Gott ist nicht nur da. Sondern er geht mit als derjenige, der Hoffnungsgeschichten teilt (Lukas-Evangelium, Kapitel 24, Verse 13 bis 35). Diese Teilhabe an der Hoffnung ist durch die Verheißung des göttlichen Trösters nicht als Deutungsmuster der Vergangenheit zu verstehen, sondern bezieht sich auf Gegenwart und Zukunft und findet ihren Ausdruck in der gegenseitigen und verpflichtenden Liebe sowohl Gottes zu den Menschen wie auch zwischen den Menschen (Johannes-Evangelium, Kapitel 14, Verse 15 bis 26).

Die paulinische Theologie fasst diesen Gedanken im Bild des Leibes zusammen: die Glieder und Organe eines Leibes haben verschiedene Funktionen, doch sie sind stets aufeinander bezogen und angewiesen. Die Fehlfunktion eines Gliedmaßes oder Organs hat Folgen für den gesamten Leib (1 Korinther, Kapitel 12). Mit diesem Bild des Leibes wird gleichzeitig die Vision einer Kirche entworfen, die auf Diversität gründet. Kirche lebt mit und durch ihre Verschiedenheit.

Dieses Da-Sein und Mitgehen ist Partnerschaft, denn beides kann nicht in einer solitären Existenz gestaltet werden. Und anders gilt: wer glaubt, beides allein leben zu können, lebt eben keine Partnerschaft und wird sich in seinem Selbstverständnis schwer auf den Gott beziehen können, wie er vom Volk Israel verstanden und in den biblischen Schriften gedeutet wird.

Der Gedanke der Partnerschaft verweist nicht ausschließlich auf die Beziehung zwischen Gott und Mensch, sondern wird ausdrücklich auch bezogen auf die Beziehung zwischen Mensch und Mensch und damit auf das Verständnis christlicher Kirche.

Dieser Gedanke im neutestamentlichen Sinn war von Beginn an grenzüberschreitend ausgelegt. Die ersten Missionsreisen des Apostels Paulus führten nicht nur in andere Länder, sondern ließen Gemeinden in unterschiedlichen Kulturen entstehen. Die paulinischen Briefe an die neu gegründeten Gemeinden in den verschiedenen Regionen haben durchweg den Duktus, dass sie miteinander verbunden sind und füreinander einstehen, sowohl geistlich wie auch materiell (Römerbrief, Kapitel 15, Verse 25 bis 28).

Die Grundlage von Kirche kann daher nur partnerschaftlich und grenzüberschreitend sein über Länder und Kulturen hinaus. Oder sie ist nicht Kirche im biblischen Sinn. Die Konzentration auf das je eigene Alleinstellungsmerkmal einer lokalen Kirche hat diese in ihrer globalen Bedeutung in Gefahr gebracht und damit ihre Wirkkraft eingebüßt, gemeinsam auf die globalen Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren.

So wie das tägliche Zähneputzen selbstverständlich sein sollte, so sollten auch gelebte globale kirchliche Partnerschaften selbstverständlich sein. Eine Vernachlässigung beider Anliegen hätte mehr als unangenehme Folgen.

Thomas Wojciechowski
Abteilungsleiter Globale Gemeinde ELM

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Weltmissionskonferenz Edinburgh im Jahr 1910. Quelle: World Council of Churches 1910

Eine Vielzahl von deutschen Missionswerken und -gesellschaften entsandten ab dem 18. Jahrhundert Menschen, um in verschiedenen Ländern des globalen Südens den christlichen Glauben bekannt zu machen. Das ursprüngliche Ziel dabei, war es nicht, Kirchen in der Welt zu gründen (vgl. Günther 1970: 13), sondern vielmehr einzelnen Menschen den christlichen Glauben nahezubringen. Jedoch stellte sich alsbald die Notwendigkeit einer Organisation der neuen Gläubigen und somit wurden von den Missionaren neue Kirchen gegründet, die in der Regel von Vertretern der Missionswerke, also Europäern und Nordamerikanern, geleitet wurden. Die Missionstheorie befasste sich aus dieser Notwendigkeit heraus damit, wie die Beziehung zu diesen Kirchen gestaltet werden sollte (vgl. Raupp 1990: 1). Dabei waren die Partner dieser Beziehung auch organisatorisch sehr unterschiedlich, in Deutschland waren es Missionsgesellschaften, die zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend den großen Kirchen angehörten, während es in den "Missionsgebieten" Kirchen waren.

Als ein Meilenstein in der Missionsgeschichte kann die Weltmissionskonferenz im Jahr 1910 in Edinburgh, Schottland angesehen werden. Hier kamen erstmals weltweit Verantwortliche aus Missionsgesellschaften zusammen. Jedoch zeigt sich allein in der Herkunft der Delegierten, dass die Werke deutlich vom Kolonialismus geprägt waren. So sind von 1300 Delegierten lediglich 17 aus Ländern des globalen Südens und auch diese waren Vertreter der Missionsgesellschaften und nicht von eigenständigen einheimischen Kirchen. Kritik am Verhalten der europäischen Missionare gegenüber den einheimischen Christ*innen wurde deutlich geäußert von verschiedenen Vertretern, wie dem indischen Bischof Vedanayagam Samuel Azariah. Azariah, der davon spricht, dass Missionare als Vaterfiguren auftreten und die indischen Christen wie Kinder behandelten. Weiterhin erläutert er, dass ein Klassendenken vorherrscht, so dass indische Pastoren, die jahrelang mit Vertretern der Missionsgesellschaften zusammen gearbeitet haben, von diesen nie in ihre Häuser eingeladen wurden (vgl. World Missionary Conference: 1910: 306f). Er führt aus:

“The official relationship generally prevalent at present between the missionary and the Indian worker is that between a master and servant; in fact, the word often used in South India by the low grade Indian workers in addressing missionaries is ejafnan or master. The missionary is the paymaster, the worker his servant.” (ebd.: 311)

Im Nachgang dieser Konferenz wurde im Jahr 1921 der Internationale Missionsrat gegründet, der u.a. die folgenden Konferenzen veranstaltete.

Die nächste Weltmissionskonferenz fand im Jahr 1928 in Jerusalem, Israel statt. Zwischen beiden Konferenzen lag der erste Weltkrieg, der stark das Umfeld und die Agenda der Konferenz beherrschte. Da gerade „christliche“ Länder diesen Krieg provoziert hatten, brachte er das Bild der westlichen Zivilisation als Verkörperung des Evangeliums ins Wanken. Der Absolutheitsanspruch, mit dem Mission betrieben wurde, wurde in Jerusalem in Frage gestellt. Aus den ehemaligen Missionsgebieten wurde Kritik laut, woher sich das Recht genommen wird, anderen Menschen das Evangelium zu verkünden und das echte Christentum für sich in Anspruch zu nehmen (vgl. Bauerochse 1996: 44). In Jerusalem wurde erstmals von Gleichberechtigung der Kirchen im globalen Süden gegenüber Kirchen im globalen Norden gesprochen. Folgendes Zitat beschreibt die Veränderung, die durch verschiedene geschichtliche Ereignisse geschehen ist:

 „Christianity is not a western religion, nor is it yet effectively accepted by the western world as a whole. Christ belongs to the peoples of Africa and Asia as much as to the European or American. We call all men to equal fellowship in Him.“ (International Missionary Council 1928: 490)

Je nach Übersetzung würde hier gleichwertige (Glaubens-) Gemeinschaft, gleichwertige Kameradschaft stehen. Dieser Beschluss lässt sich mehr als Zielrichtung, denn als Beschreibung des Status quo lesen. Auch auf der Jerusalemer Konferenz gab es verschiedene Standpunkte, die den „jungen Kirchen“ mehr oder weniger Freiheit zu gestanden. Dabei waren insbesondere deutsche Vertreter eher zurückhaltend und wollten den Einfluss der deutschen Missionare erhalten (vgl. Bauerochse 1996: 48).

Weltmissionskonferenz Jerusalem im Jahr 1928
Quelle: World Council of Churches: 1928

Die folgende Weltmissionskonferenz fand zehn Jahre später, 1938 in Tambaram, Indien statt. Auch diese Konferenz verdeutlichte gesellschaftliche und missions-wissenschaftliche Entwicklungen. So fand die Konferenz erstmals in einem Land des globalen Südens statt, die knappe Mehrheit der Delegierten war aus dem globalen Süden und es waren erstmals Frauen unter den Delegierten zugelassen. Bedeutend ist, dass auf dieser Konferenz die Trennung zwischen sendender und empfangender Kirche aufgehoben und eine Einheit der weltweiten Kirche, der „Gemeinde Gottes in der Welt“ (Schlunk 1938: 194) angestrebt wurde. Ein starker Fokus lag weiterhin auf Mission, wie auch der Titel des offiziellen Konferenzberichts zeigt: The World Mission of the Church. Da diese Vision von den europäischen und amerikanischen Kirchen allein nicht verwirklicht werden konnte, wurde den Kirchen des globalen Südens zugestanden, mitzuwirken. „Die verbleibende Arbeit ist so unermesslich groß, so dringend und so wichtig, daß es aller Kräfte aller Christen in allen Teilen der Welt bedarf.“ (Margull 1963:56) Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit erwächst nicht aus theologischen sondern vielmehr aus pragmatischen Überlegungen. Die Aufgabe erscheint als so umfassend, dass es eine vereinte Kirche benötigt, um sie zu erfüllen. „Die Aufgabe muß heutzutage in Partnerschaft zwischen alten und jungen Kirchen bewältigt werden, und zwar durch Zusammenlegung aller Hilfsmittel und durch die Zusammenarbeit aller Christen.“ (ebd.: 57) Hier fällt in der deutschen Übersetzung der Konferenzdokumentation das erste Mal der Begriff Partnerschaft, wobei diese Zuschreibung auch früher geschehen war, jedoch ohne explizit diesen Begriff zu nutzen. Gleichwohl wird in Tambaram und in der folgenden Konferenz in Whitby, Kanada erkennbar, dass gemeinschaftliches Arbeiten, Seite an Seite für eine gemeinsame Vision als erstrebenswert angesehen wird. Das Klassendenken, das noch in Edinburgh deutlich wurde, schien mehr und mehr in den Hintergrund zu rücken. Es wurden sogar Vorschläge geäußert, dass Vertreter der sog. Jungen Kirchen in die alten Kirchen entsendet werden könnten, um dort als Missionare tätig zu werden (vgl. Bauerochse 1996: 64).

Die nächste Konferenz, die hier beschrieben werden soll, da sie wegweisend für die Beziehung zwischen globalem Norden und Süden geworden ist, ist die Weltmissionskonferenz im Jahr 1947 in Whitby. Sie gilt als Initiation der kirchlichen Partnerschaft. Wenngleich auch früher bereits in diese Richtung gedacht wurde, wie oben erläutert. Das Geschehen auf der Konferenz war von einem größeren Gemeinschaftssinn und größerer Einheit geprägt als zuvor. Dazu trug auch die Zusammensetzung der Delegierten bei, da wieder ca. 50 Prozent von ihnen aus den jungen Kirchen kamen. Zeithistorisch waren viele Kirchen durch den Zweiten Weltkrieg geschwächt. Viele Länder des globalen Südens erlangten ihre Unabhängigkeit. Das hatte zur Folge, dass die Missionsgesellschaften die Führung der lokalen Kirchen in lokale Hände legen wollten, so dass eigenständige Entitäten entstehen konnten. Diese sollten unabhängig sein und nicht den Anschein erwecken, mit früheren Kolonialherren in Verbindung zu stehen oder von ihnen beeinflusst zu werden, da die Akzeptanz ansonsten gefährdet wäre. Besonders deutlich wird der Impetus der Konferenz unter anderem durch die Abschlusserklärung, die mit „Partners in Obedience“, also „Partner im Gehorsam“ betitelt ist. Hier wird explizit der Begriff Partner an prominenter Stelle aufgegriffen und in den Fokus der Diskussion gerückt. Dies geschieht weiterhin mit Blick auf die gemeinsame Aufgabe/Mission, ähnlich wie in Tarambar, jedoch wird den jungen Kirchen eine gleichberechtigtere Rolle zugestanden.

In Edinburgh, Jerusalem, Tarambar und Whitby lässt sich die historische Entwicklung von abhängigen Missionsgemeinden hin zu eigenständigen Kirchen und die Gestaltung der Beziehung mit selbigen gut ablesen. Die darauffolgenden Konferenzen behandelten weiterhin grundlegende Themen, jedoch sind sie in Bezug auf die Partnerschaftsbewegung von geringerer Bedeutung. Ein Ereignis soll dennoch aufgegriffen werden, da es als Erfolg der Bemühungen junger Kirchen gesehen werden kann. Im Jahr 1948 wurde der Ökumenische Rat der Kirchen gegründet, der eine Plattform zur Gestaltung der weltweiten zwischenkirchlichen Beziehungen bietet (vgl. Bauerochse 1996: 84f). Allen Mitgliedskirchen wird hier die Möglichkeit geboten, sich gleichberechtigt zu begegnen. Ein weiterer wegweisender Schritt in dieser Entwicklung, ist die Integration des Internationalen Missionsrates in den Ökumenischen Rat der Kirchen im Jahr 1961 in Delhi. Damit wurde verdeutlicht, dass Mission nicht ausschließlich Aufgabe der Missionswerke ist, sondern grundlegender Auftrag der weltweiten Kirche.

Auf lokaler Ebene wurde dies deutlich, durch die Gründung von Partnerschaftsgruppen und Partnerschaftsbeziehungen zwischen Kirchengemeinden und -kreisen in Deutschland und in Ländern des globalen Südens. Das Interesse bestand, diese weltweite kirchliche Verbundenheit auf Gemeinde-Ebene sichtbar werden zu lassen (Partnerschaftsleitlinien LKH S. 4). Verstärkend kam ein wachsendes Bewusstsein für die Verantwortung des Westens für Ungerechtigkeiten in verschiedenen Entwicklungsländern hinzu. In anderen Fällen, z. B. in Partnerschaften mit Südafrika, entstand der Wunsch, Solidarität mit Glaubensgeschwistern in Not zu zeigen. Viele soziale Bewegungen entstanden in den frühen 1970er-Jahren. In dieser optimistischen Aufbruchs-Stimmung lassen sich auch die Partnerschaftsbeziehungen sehen. Strukturell wurden diese durch Beschlüsse von Landeskirchen gefördert und legitimiert. Die Motive der einzelnen meist ehrenamtlichen Gemeindemitglieder sind dabei höchst unterschiedlich. 

(Nordkirche Handbuch, S. 11ff)

Verena Berndt
Referentin Internationale Partnerschaften ELM

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Quellen:

Bauerochse, L. (1996): Miteinander leben lernen. Zwischenkirchliche Partnerschaften als ökumenische Lerngemeinschaften, Erlangen.

Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Hrsg.): Zukunftsfähige Partnerschaften gestalten – Handbuch für ökumenische Partnerschaftsarbeit in der Nordkirche. Hamburg 2013.

Günther, W. (1970): Von Edinburgh nach Mexico City: die ekklesiologischen Bemühungen der Weltmissionskonferenzen, Stuttgart.

International Missionary Council (Hrsg.): The christian life and message in relation to non-christian systems – report of the Jerusalem meeting of the International Missionary Council. London 1928.

Landeskirche Hannovers (Hrsg.) (2013): Leitlinien für Partnerschaften, Hannover, online im Internet: https://www.landeskirche-hannovers.de/damfiles/default/evlka/wir-fuer-sie/erleben/weltweite_kirche/leitlinien_aktuell_300115.pdf-4e9cf4ebba87c591e04a5d5e773d1501.pdf (zugegriffen am 06.07.2020).

Margull, H. (Hrsg.): Zur Sendung der Kirche. Material der ökumenischen Bewegung. München 1963.

Raupp; W. (Hrsg.): Mission in Quellentexten. Geschichte der Deutschen Evangelischen Mission von der Reformation bis zur Weltmissionskonferenz Edinburgh 1910. Erlangen/Bad Liebenzell 1990.

Schlunk, M. (1938): Das Wunder der Kirche unter den Völkern der Erde: Bericht über die Weltmissions-Konferenz in Tambaram (Südindien), Stuttgart/Basel.

World Missionary Conference (Hrsg.): The history and records of the conference together with addresses delivered at the evening meetings. Edinburgh 1910.

Die Bedeutung von internationalen zwischenkirchlichen Partnerschaften für die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers

Eine internationale kirchliche Partnerschaft zwischen Kirchenkreisen ist ein guter Weg, zeichenhaft die Gemeinschaft und Bedeutung der einen Kirche Jesu Christi, die in der Welt Kontinente und Zeiten umspannt, sichtbar, erfahrbar und wirksam werden zu lassen.

Mit ihr lässt sich die Gemeinschaft der Kirche und der Ökumene, zu der jeder Christenmensch und zu der die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und die Körperschaften in ihr berufen sind, exemplarisch leben.

Die Vereinbarung einer solchen Partnerschaft erfindet keine neue Beziehung, sondern bekräftigt eine in Christus gestiftete Verbindung, die kirchlichem Handeln und dem Handeln von einzelnen Christenmenschen vorausgeht.

1. Taufe und Ökumene

„…wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft…“

(1. Korinther, Kapitel 12, Vers 13)

Derselbe Akt, der einen Menschen durch Christus im Heiligen Geist zu einem Kind Gottes werden lässt, lässt ihn auch Teil der Kirche werden. Die Taufe bewirkt gleichzeitig die vertikale Beziehung zu Gott wie die horizontalen Beziehungen im Leib Christi. „Die Christusgemeinschaft führt notwendig über in die Christengemeinschaft“.[1] Den christlichen Glauben leben: ohne Gemeinschaft geht das nicht.

Glaube und Kirche sowie (insofern die eine Kirche Jesu Christi vorfindlich ist in Kirchentümern, die sich historisch entwickelt haben) Glaube und Ökumene sind aufeinander bezogen.[2]

2. Ganz Kirche, aber nicht die ganze Kirche

„Es wird auch gelehrt, daß allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muß, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden.“

(Augsburger Bekenntnis von 1530, Artikel 7, sprachlich modernisierte Fassung nach https://www.ekd.de/Augsburger-Bekenntnis-Confessio-Augustana-13450.htm)

Jede in dieser Art konstituierte vorfindliche Gemeinde, jede in dieser Art konstituierte vorfindliche Kirche ist ganz Kirche. Aber keine ist die ganze Kirche. Sie ist vollwertig, aber nicht vollständig. Und so gehören wechselseitige Beziehungen der Gemeinden und Kirchen – also Ökumene – zum Wesen jeder Gemeinde und jeder Kirche.

In einer internationalen zwischenkirchlichen Partnerschaft können Gemeinden und Kirchen miteinander feiern, gemeinsam im Glauben wachsen, voneinander und miteinander lernen (z.B. mit Diversität und Ungerechtigkeit umzugehen), einander bereichern und korrigieren, gemeinsam bzw. in Abstimmung miteinander den Glauben bezeugen und zeichenhaft handeln. Ökumene stärkt die Glaubwürdigkeit dessen, wofür Christinnen und Christen einstehen.

3. Berufen zur Gemeinschaft der Kirche

„Artikel 1 – Auftrag der Kirche

(1) 1Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers mit allen ihren Mitgliedern und Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden und weiteren Körperschaften, Einrichtungen und anderen Formen kirchlichen Lebens trägt Verantwortung für die Erhaltung und Förderung der Verkündigung des Wortes Gottes und der Feier der Sakramente gemäß dem Evangelium. 2Durch das Evangelium ist sie berufen zum öffentlichen Zeugnis, zum Dienst der Nächstenliebe und zur Gemeinschaft der Kirche.

(2) Das Evangelium wird verkündigt und bezeugt vor allem durch Gottesdienst, Gebet, Kirchenmusik, Mission, Seelsorge, Diakonie, Bildung und Kunst sowie durch die Wahrnehmung der kirchlichen Mitverantwortung für Gesellschaft und öffentliches Leben.

(3) Verkündigung, Zeugnis und Dienst erfolgen in Gemeinschaft mit anderen christlichen Kirchen und im Zeichen der Treue Gottes zum jüdischen Volk.

(Verfassung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers; https://www.kirchenrecht-evlka.de/pdf/44991.pdf)

Mit dem Bezug auf die Verkündigung des Wortes Gottes und die Feier der Sakramente greift Artikel 1, Absatz 1 der Verfassung inhaltlich auf Artikel 7 des Augsburger Bekenntnisses zurück und legt dar, wozu die Landeskirche durch das Evangelium berufen ist: Diese Berufung gilt neben dem „öffentlichen Zeugnis“ und dem „Dienst der Nächstenliebe“ eben auch der „Gemeinschaft der Kirche“. Diese Formulierung bezieht sich auf die Kirche Jesu Christi aller Zeiten und Orte, die wir in dem Glaubensbekenntnis, das bei den ökumenischen Konzilien in Nizäa 325 und Konstantinopel 381 formuliert und in Chalcedon 451 als verbindlich bestätigt worden ist, bekennen. Daher spricht die Präambel der Verfassung von „der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche Jesu Christi“.

Die hannoversche Landeskirche und ihre Mitglieder sind zur Ökumene berufen. Das ist im ersten Absatz des ersten Artikels ihrer Verfassung grundgelegt.

Artikel 1 Absatz 3 bestimmt Ökumene als Modus oder Medium von Verkündigung, Zeugnis und Dienst. Anders gesagt: Die in Absatz 2 genannten Vollzüge (Gottesdienst, Gebet, Kirchenmusik, Mission, Seelsorge, Diakonie, Bildung und Kunst sowie durch die Wahrnehmung der kirchlichen Mitverantwortung für Gesellschaft und öffentliches Leben) können – und, wo zweckmäßig, sollen – immer auch Handlungsfelder von Ökumene sein.

4. Partnerschaft im Rahmen des Lutherischen Weltbundes

„Artikel 4 – Beziehungen zu anderen Kirchen und Religionen

(1) 1Als evangelisch-lutherische Kirche ist die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers mit den lutherischen Kirchen in aller Welt verbunden. 2Sie ist Gliedkirche der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und Mitglied des Lutherischen Weltbundes.“

Näher bestimmt werden die Beziehungen zu anderen Kirchen in den Absätzen 1-4 des Artikels 4, und zwar in drei konzentrischen Kreisen von innen nach außen, von einer intensiveren zu einer weniger intensiven Beziehung.

Die meisten Partnerschaften zwischen einem Kirchenkreis der Landeskirche und einem Kirchenkreis einer Kirche in einem anderen Land bewegen sich im inneren Kreis, von dem Absatz 1 handelt: im Rahmen des Lutherischen Weltbundes (www.lutheranworld.org).

Damit stärken sie diese Gemeinschaft. Gleichzeitig können sie auf Errungenschaften dieser communio aufbauen: Die Partner können über die sich aus ihren jeweiligen Kontexten ergebenden Themen hinaus Impulse aus dem LWB aufnehmen. Hinzu kommt, dass die Mitgliedskirchen des LWB das Verständnis von Kirche im Sinne des Artikels 7 des Augsburger Bekenntnisses teilen. Daher kann in einer solchen Partnerschaft problemlos das Heilige Abendmahl gefeiert werden – als Zeichen der Einheit der Kirche und der gemeinsamen Sendung.

Dirk Stelter, Oberkirchenrat
Leiter des Referates Mission – Ökumene – Religionen
Landeskirchenamt der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers

[1] Hauck, Friedrich, κοινος κτλ, in.: ThWNT, Bd.3., hg. von G. Kittel, Stuttgart 1938, 789-810, 807

[2] Weitere im Zusammenhang dieser Grundlegung relevante Bibelstellen: Lk 24,13-35; Joh 17,20-22; Joh 21,21+22; 1. Kor 10,16+17; 1. Kor 12; 2. Kor 8+9; Gal 3,26-28.

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Partnerschaft Hannover-Garbsen mit Honduras

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Thomas Herbst sieht die Bedeutung der Partnerschaft in der geschwisterlichen Verbundenheit.

Video: Thomas Herbst

Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte KG St. Johannis Ahrenshorst Partnerschaft mit Ntuzuma

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Susanne Storck berichtet über die Partnerschaft

Video: Susanne Storck

Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte mit Durban

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Superintendent Hans Meyer-ten Thoren schätzt den Blick über den Tellerrand.

Video: Marlene Altebockwinkel